Mittwoch, 3. Mai 2017

Das Pferd im Pferdefilm, Western und in der Realität

Was Spielfilme über Pferde Menschen oft vorgaukeln

 Seit Dezember 1992 halte ich eigene Pferde, und das überwiegend in Eigenregie auf Pachtland und nur vorübergehend auch ab und zu in verschiedenen Pensionsställen.

Da wir jetzt das Jahr 2017 haben, werden das dieses Jahr im Dezember 25 Jahre eigene Erfahrung mit diesen liebenswerten Tieren.

 Das ist eine lange Zeit. In dieser Zeit habe ich immer wieder erleben müssen, dass viele Jugendliche, aber zuweilen sogar Erwachsene mit unseren Pferden, wenn wir nicht aufgepasst haben, so umgegangen sind, als ob diese Tiere eine unerschöpfliche Leistungsfähigkeit oder unverwüstliche Gesundheit hätten, ihre Bedürfnisse überhaupt nicht gesehen wurden, keine Rücksicht auf Erschöpfung und Abwehr genommen oder gar unter dem Aspekt, sich gegen vermeintliche bockige Tiere nun unbedingt durchsetzen zu müssen, den Tiere wirklich ein Schaden zugefügt wurde.

Vorgestern bei einem Spaziergang mit Jürgen kam mir die Idee, dass auch unsere Kinowelt bei vielen Menschen den falschen Eindruck über die Leistungsfähigkeit und die Bedürfnisse von Pferden hervorrufen könnte.

Und darüber möchte ich in diesem Beitrag einmal etwas schreiben.

Ich kann versichern, dass durch den Umgang mit eigenen Pferden jedes Mitglied meiner Familie genau weiß, dass eigene Pferde zwar viel Freude, aber in erster Linie auch viel Arbeit machen und viel Geld kosten und sofern sie gesund und reitbar sind, diese Zeit auf dem Pferderücken nur einen Bruchteil der Zeit ausmacht, die man unter normalen Umständen mit einem eigenen Pferd zubringt. Das gilt sowohl für die aktiven Reiter als auch für die Familienmitglieder, die dieses Hobby nur hautnah miterlebt haben.

Woran kann es liegen, dass so viele Menschen, denen man im Laufe des Lebens begegnet und die natürlich immer wieder fragen, ob sie kürzer oder länger an diesem Hobby teilhaben dürfen, so gar keine Ahnung haben, was man eigentlich einem Pferd zumuten kann, was es braucht und wie man damit umgehen sollte?

Tja .. und da wären wir dann bei den romantischen Spielfilmen oder spannenden Western, in denen immer wieder der Eindruck entsteht, dass Pferde stundenlang oder gar tagelang unermüdlich laufen können.

Sie laufen durch Wüsten und zerklüftete Landschaften, ohne dass auch nur einmal gezeigt würde, dass diese Tiere auch fressen, trinken, sich ausruhen oder die Sozialkontakte innerhalb ihrer Pferdeherde pflegen.

Sie verkraften mühelos Hitze, Kälte, Hunger und Durst und kommen genauso wie die schönen Schauspielerinnen nach solchen Strapazen, die dann immer noch frisch geschminkt und frisiert sind, fit und gepflegt am Ziel an.

Die Helden der Spielfilme und Fernsehserien gewinnen jedes Rennen, von dem man zuweilen den Eindruck hat, dass es Stunden gedauert hat, ohne dass die Tiere eine Pause bekommen hätten.

Hinzu kommt, dass selbst die schwierigsten und traumatisiertesten Pferde sich natürlich immer von einem der Filmhelden doch zureiten oder wieder zähmen lassen und danach brav wie die Lämmer sind. Häufig sind das dann sogar kleine Mädchen, was nicht verwundert, denn die sind es ja, die die Kinosäle füllen oder die Videos und DVDs kaufen.

Wenn ich mal von Black Beauty absehe, wo der Film doch damit endet, dass dieses Pferd im Alter heim findet und seinen Lebensabend bei seinem Ursprungsherrchen in Ruhe auf einer Rentnerweide verbringen darf, dann wird nur sehr selten im Kino wirklich gezeigt, dass Pferde alt und krank werden können, oft eher Pflege brauchen und gar nicht mehr reitbar sind und deshalb dennoch als Gnadenbrotpferde nicht weniger kosten als vorher, oft sogar eher mehr.

Mit der Realität haben weder diese romantischen Pferdefilme noch die meisten Western nicht das Geringste zu tun.
Echte Pferde fressen fast den ganzen Tag, zusätzlich brauchen sie auch noch Ruhe und den Umgang mit ihren Herdenmitgliedern. Sie brauchen viel Pflege und machen viel Arbeit und werden bei sehr eifrigen Pferdehaltern mit viel Freizeit möglicherweise sogar täglich geritten, aber das nicht stundenlang, schon gar nicht im Alter oder wenn sie krank sind.

Echte Problempferde reitet niemand eben mal so zu oder wieder zurecht. Vielleicht geht das, aber dazu braucht man dann das Geld für einen echten Profi mit viel Erfahrung, und auch der schafft das nicht bei einem Pferd, das nie reitbar war und schon 20 ist.
Ja ...es ist mir sogar schon passiert, dass ich bei Prima gefragt wurde, ob man sie denn nicht noch zureiten könnte, als sie schon über 20 war, das ist nicht gelogen!
Als meine Tochter, die immerhin Western-C-Trainerin ist oder auch eine A-Trainerin in einem Pensionsstall das mal im Alter von 7 oder 8 bei Prima probiert haben, da habe ich es noch für möglich gehalten. Aber heute ist alleine der Gedanke an sowas in meinen Augen vollkommen absurd.

Pferde werden oft schwer krank.

Das Foto rechts zeigt Chiwa zum Beispiel isoliert mit einem Rehegips an einem ihrer Hufe kurz nachdem sie mir fast gestorben wäre. Unser Knabstrupper Reno konnte ihr damals nur am Zaun Gesellschaft leisten, denn sie konnte kaum laufen.

Trotzdem erlebt man solche Dinge wie, dass nicht verstanden wird, wenn ich sage, ja Kinder können sich nochmal auf ihren Rücken setzen ...

... sogar leichte Erwachsene .. auch mal ein wenig Schritt reiten ... aber dass ich das auch ernst meine und nicht damit meine, man kann dann ja mal ausprobieren, wie viel dieses alte Pony mit fast 24 Jahren, das schon einen fast tödlichen Unfall in einem Maschendraht mit Sehnen- und Bänderrissen, Hufrehe und lebensgefährliche Hufgeschwüre überlebt hat und eine dauerhafte Hufbeinsenkung hat, denn vielleicht doch noch aushält, indem die Belastung immer weider nach oben gesetzt wird.

Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass jeder Mensch, der älter als 10 Jahre ist, sich wirklich ernsthaft für Pferde interessiert, sich auch schon öfter die Mühe gemacht hat, sich ein ausreichendes Wissen über Pferde anzulesen oder es woanders zu lernen, eigentlich wissen sollte, was Pferde überhaupt und schon ganz und gar, was alte und sogar kranke Pferde aushalten können ... aber die Erfahrung hat mich was anderes gelehrt, leider.

Ich habe erlebt, dass selbst die Tochter einer Ärztin und eines Psychologen im Teenageralter unsere Chiwa schweißnass geritten ist .. obwohl sie vorher ein eigenes Pferd hatte, das ihr gestorben war und das ihr die Eltern nicht ersetzt hatten, weil sie sich nicht genug um das Tier gekümmert hatte (was in meinen Augen ein 14 Jahre altes Mädchen auch nicht kann, da gehört die Mutter daneben, um es anzuleiten, auch wenn sie Ärztin ist und der Job vorgeht).

Ich habe erlebt, dass ein 15 Jahre altes Mädchen mit unserem Reno Ausritte unternommen hat, die 4 bis 5 Stunden gedauert haben, das vormittags, obwohl sie sich nachmittags nochmal mit meiner Tochter für einen Ausritt normaler Länge verarbredet hatte .. bis ich das irgendwann mal zufällig gemerkt habe und die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen.

Auch dieses Mädchen hatte in Reno nicht das erste Reitbeteiligungspferd, sondern vorher schon eins von den Leuten, die die Weide ihrer Oma vor uns gepachtet hatten.

Mal abgesehen von diesem Nutzverhalten, das Pferde als reine Sportgeräte oder gar Spielzeug für Kinder degradiert, ohne Rücksicht auf ihre Gefühle zu nehmen, frage ich mich, ob Menschen, die sich so verhalten, vielleicht ein wenig zu viel von diesen Pferdefilmen im Kopf haben .. sich nur toll fühlen möchten wie diese Stars, die dann im Kino diese Pferde reiten .. aber in keiner Weise darüber nachdenken, was sie eigentlich einem lebenden Wesen wie einem Pferd damit antun.

In der Realität sehe ich laufend, dass Menschen nach Reitbeteiligungen suchen, die mindestens volljährig, am besten aber älter sind .. das heißt, wo bereits der Verstand auch im Hirn angekommen sein sollte .. und ständig kleine Mädchen nach Pferden suchen, die sie irgendwo mitreiten können.

Und meine Realität sieht so aus, dass ich von Mal zu Mal vorsichtiger werde, weil ich zu oft erlebt habe, wenn ich jemand den kleinen Finger gebe, dann nimmt er fast immer die ganze Hand und fügt meinen Pferden damit einen Schaden zu.

Aber so ist wohl das Leben.

LG
Renate

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